Martin Willing (*1958 in Bocholt)
erkundet mit seinen bewegten Metallskulpturen aus Stahl, Duraluminium und Titan Raum und Form in ihrer Bedingtheit zueinander und in ihrer Flüchtigkeit und transitorischen Natur.
Seine Skulpturen schwingen im Raum. Der herkömm-liche Begriff von kinetischer Kunst wird den Arbeiten jedoch nicht gerecht. Die Bewegtheit der so elegant wie solitär wirkenden, oft aus einem
Stück gefertigten Skulpturen, basiert nicht auf Motoren oder Gelenken und Scharnieren.
Vielmehr genügt ein Antippen mit der Hand oder ein Luftzug, um eine Kugel, einen Kegel, einen Trichter, einen Kubus oder einen Ring in Bewegung zu setzen. Wie zu einem anderen Leben erweckt,
verändern sie ihre Gestalt. Sich öffnende Zwischenräume und rhyth-mische Ausdehnungen im Raum sind genauso Bestandteile dieser Skulpturen wie ihre feste, exakt definierte geometrische Form im
Ruhezustand.
Martin Willing hat während der letzten 30 Jahre ein umfangreiches Werk geschaffen, das in seiner Ästhetik und Tiefe unverwechselbar ist. Seit Anfang der 1980er Jahre sind seine bewegten
Skulpturen in Ausstellungen in Deutschland und im Ausland zu sehen. Arbeiten des Künstlers, der in Köln lebt und arbeitet, befinden sich in zahlreichen Museen wie auch in renommierten
Unter-nehmenssammlungen.
Windbewegte Großskulpturen im öffentlichen Raum, die Martin Willing in langwierigen Prozessen entwickelt, haben in seinem Werk einen besonderen Stellenwert.
Schon 2018 als die Idee eines Skulpturenradwegs diskutiert wurde, ist der Standort Wiesengraben in Soest für eine Wegmarke genannt worden. Mit der
Skulptur Orbital des Künstlers Martin Willing ist nun 2025 die Erweiterung der Wegmarken am Hellweg gelungen.
Orbital, 2018-2023
Duplex-Edelstahlrohr, gegen die Schwerkraft vorgespannt
Ein zunächst senkrecht aufsteigender, im Querschnitt abnehmender Stab beginnt, sich in auf- und abstei-genden Bögen spiralig vom Zentrum aus nach außen zu winden. Jeder zweite Bogen wächst dabei um dasselbe Maß an. Der größte Bogen misst 2,7 Meter, die Gesamtlänge des Rohres 51 Meter.
Die Fläche, die von den Rohrbögen gebildet wird, ist dabei entgegengesetzt gekrümmt, ähnlich einer Sattel-fläche. Gehalten wird diese Form durch die Spannkraft, die ich durch mechanisches Vorspannen der einzelnen Bögen entgegen der Schwerkraft ins Material bringe.
Kommt nun Energie von außen in das System wird die Spannung sichtbar: der Stab beginnt in spezifischer Weise zu schwingen: Je nachdem wie eine Windböe die Skulptur anregt, aus welcher Richtung, mit welcher Geschwindigkeit der Wind auftrifft, gerät sie in unterschiedliche Schwingungszustände. Die Skulptur wandelt dabei "chaotische" Windenergie in getaktete Bewegungsmuster um.
Kippt sie um eine Hauptrichtung, dauert das 9 Sekun-den, kippt sie in der anderen Richtung, benötigt sie 6 Sekunden, dreht sie sich um die Mittelachse 3 Sekun-den, in 2 Sekunden hebt sie sich auf und ab, usw.
Die besondere Langsamkeit der Bewegung findet eine Antwort im staunenden, seelischen Mitschwingen des Betrachters.
Der Name der Skulptur „Orbital“ verweist auf die Modellvorstellung eines Atoms, in dem sich die Elektronen in Abhängigkeit ihrer Energie in bestimmten Orbitalen oder Aufenthaltsräumen um den Atomkern bewegen.
(mehr dazu: https://studyflix.de/chemie/orbital-4225)